Kolumne von Gerhard Engbarth

Letschtens hatt mir mei Freund Marc Galpérin innere Email e Fotto geschickt, uffgenomme in seiner Heimatstadt Bremen: „200 Jahre Bremer Stadtmusikanten“. Ich war sechs gewese, wie unser Mudder meiner Schwester unn mir das Märche vorgelese hatt. Äner Satz honn ich nie vegess. Hier die Stell aus dem Märche in de Originalsprach der Brüder Grimm:
„Darauf kamen die drei an einem Hof vorbei, da saß auf dem Thor der Haushahn und schrie aus Leibeskräften. ‚Du schreist einem durch Mark und Bein,‘ sprach der Esel, ‚was hast du vor?‘ ‚Da hab ich gut Wetter prophezeit,‘ sprach der Hahn, ‚weil unserer lieben Frauen Tag ist, aber weil Morgen zum Sonntag Gäste kommen, so hat die Hausfrau doch kein Erbarmen, und hat der Köchin gesagt sie wollte mich Morgen in der Suppe essen, und da soll ich mir heut Abend den Kopf abschneiden lassen. Nun schrei ich aus vollem Hals, so lang ich noch kann.‘ ‚Ei was, du Rothkopf,‘ sagte der Esel, ‚zieh lieber mit uns fort, wir gehen nach Bremen, etwas besseres als den Tod findest du überall; du hast eine gute Stimme, und wenn wir zusammen musicieren, so muß es eine Art haben.‘ Der Hahn ließ sich den Vorschlag gefallen, und sie gingen alle viere zusammen fort.“
„Etwas besseres als den Tod findest du überall“ – e kristallklar Botschaft an alle, die grübele, ob se ihr Intrittskart nit zurückgebbe unn sich es Lebe nemme solle. Äner von dene Sätz, die mer von annere gesat krien muss.
Zu manche honn ich den Satz gesat: „Etwas besseres als den Tod findest du überall“. Wenn die gefrot honn: „Wo dann?“, muscht ich schonn ebbes Konkretes uff de Hand honn, um nit in seichtes Allgemeinplatzgelaber abzuglitsche.
Manchemol honn ich dann geantwort: „Lass uns e Kabbutschino trinke, ich lad‘ dich aach in.“ Unn wemmir unser Tasse vor uns stehn hatte, sat ich: „Schmeiß mol uff de Tisch. Mir sortiere das zusamme.“ Das hott de Vadder vommeiner lebenskluge Nachbarin Anne zu ihr gesat, wenn sie als Jugendliche e Problem hatt, mit dem se allän nit klar komm is. Beim Sortiere findt mer zwar nit immer gleich e Lösung, awwer oft dut’s änfach gut, auszuspreche, was ähm bedrückt. Unn wemmer sich das zusamme anguckt unn neu sortiert, kann sich schonn e ganz anner Bild ergebbe.
2007 hatt ich gemerkt, dass ich in e Depressjon abgleit, weil ich unner meiner Einsamkeit gelitte honn. Ich honn professjonell, ärztliche Hilf in Anspruch genomm, honn Meddikamente ingenomm, die für mich wie e Krück‘ noeme Beinbruch ware. Dodrüwwer raus, hatt mir die Simone Beisiegel beigestanne, die debei war, ihr Ausbildung zur Heilpraktikerin Psychotherapie zu mache. Sie hott den Satz aus de Bremer Stadtmusikante zu mir gesat, nit in Worte, sondern im Tun: E Vierteljohr lang isse jede Freitagmoin bei mich komm, is mit mer inkafe gang, hott mit mer gekocht, nit geje Geld, sondern aus Freundschaft. Das vegess ich nit, solang ich leb. Manchmol hommir aach e Spaziergang gemacht: bei Merxum die Noh entlang, bis zur Gänsmühl unn zurück. Uff die Art honn ich langsam widder Geschmack am Lewe gefunn. Unn im Auguscht 2007 honn ich in Himmerod dann die Doro kennegelernt.
Unn außerdem honn ich gelernt: Was immer mir mache, aach, wenn’s nur teilweis gelingt, aach, wenn’s gar nit gelingt, awwer alles is besser wie de Tod.
Alla dann
Ihr Gerhard Engbarth